16 Uhr im Büro. Plötzlich poppt ein Bild auf in deinem Kopf und du kannst an nichts anderes mehr denken: M&Ms. Du versuchst den Gedanken an Schokolade wegzuschieben, bist aber machtlos. Also öffnest du die Schreibtischschublade, wohlwissen, dass dort immer ein kleiner Vorrat deiner Lieblingsnascherei parat liegt, nimmst dir eine Tüte, öffnest sie und legst sie neben dich auf deinen Schreibtisch. Mit den kleinen Schokokugeln im Mund ist das Beantworten der nervigen Aufgabe irgendwie nur noch halb so schlimm. Nach ein paar Minuten greifst du in die Tüte und merkst, dass sie leer ist. Irgendwie hast du alle M&Ms aufgegessen, ohne dass du es richtig gemerkt hast. Ärger kriecht in dir auf, denn eigentlich hattest du dir vorgenommen weniger zu naschen und dich gesünder zu ernähren. Wenn da nur nicht immer dieses unbändige Verlangen nach Schokolade wäre…
Kennst du das so oder so ähnlich auch?
Heißhunger das kennt so gut wie jeder, ganz ehrlich, auch ich als Ernährungsprofi. Die gute Nachricht ist, wir sind Heißhunger nicht hilflos ausgeliefert. Es gibt Strategien, die in solchen Situationen, wo die Naschlust riesengroß ist, wirksam helfen. Zu den Strategien, was du in einer akuten Heißhunger-Attacke tun kannst, komme ich etwas später (oder du scrollst einfach ein bisschen runter), denn zunächst schauen wir uns mal an, warum Heißhunger überhaupt entsteht.
Heißhunger hat verschiedene Gründe
Die unbändige Lust auf Süßes oder Chips, wenn du eher zu der pikanten Gruppe gehörst, kann aus ganz unterschiedliche Gründe haben, z.B.
- körperliche Gründe
- emotionale Gründe
- Gewohnheiten
Körperliche Gründe für Heißhunger
Du ernährst dich sehr einseitig, isst viel Fast Food, Fertiggerichte oder Süßigkeiten, dadurch bekommt dein Körper nicht alle Nährstoffe in ausreichender Menge. Wissenschaftlich belegt ist es nicht, aber es wird vermutet, dass auch ein Nährstoffmangel Heißhunger auslösen kann.
Wenn du häufig Süßigkeiten oder sehr zuckerreiche Lebensmittel isst, kommt es schnell zu Blutzuckerschwankungen, die die Lust auf Schokolade & Co. auslösen.
Blutzuckerschwankungen entstehen aber auch, wenn du unregelmäßig isst, zum Beispiel, weil du vor lauter Stress das Mittagessen ausfallen lässt, am Nachmittag fehlt es dir dann an Energie und dein Körper giert dann förmlich nach Zucker, einem schnellen Engergieschub für das Gehirn.
Was kannst du tun?
- Iss regelmäßig
Ob du zwei-, drei- oder fünfmal am Tag isst, ist tatsächlich Typsache und von verschiedenen Faktoren abhängig. Schau, was am besten zu dir passt.
- Iss ausgewogen
Und zwar in allen Farben des Regenbogens, mit reichlich Obst und Gemüse. 5 Hände voll Gemüse und Obst dürfen es am Tag sein (vielleicht hast du schon mal von der 5 am Tag Kampagne gehört).
- Lass das Snacken
Denn wenn du ständig irgendetwas futterst, fährt dein Blutzuckerspiegel Achterbahn, auch das kann Heißhunger auslösen und ist für deinen Verdauungsapparat Schwerstarbeit. Das gilt übrigens auch für zuckerreiche Getränke wie Limonade, Saft oder Saftschorle.
Emotionale Gründe für Heißhunger
- Du langweilst dich, weil heute die öde Routineaufgabe ansteht. Mit der Lieblingsschokolade lässt sich die Arbeit doch viel angenehmer erledigen.
- Du hast dich richtig über deine Chefin geärgert und vor lauter Frust isst du jetzt die Tüte Chips.
- Nach diesem anstrengenden Tag gönnst du dir eine große Portion Eis zu Belohnung.
Auch Emotionen, wie Langeweile, Stress, Einsamkeit, Wut, Ärger oder Enttäuschung können unser Essverhalten bestimmen.
Was kannst du tun?
Erkenne typische Situationen und Stimmungen, die bei dir Heißhunger auslösen. Führe mal ein, zwei Wochen Protokoll und schreibe in ein Notizbuch, dein Bullet Journal oder einfach ins Handy, wie du dich gerade fühlst, wenn du etwas naschen willst. Schau dir am Ende der Woche dein Protokoll an, was fällt dir auf? Gibt es bestimmte Situationen/Gründe, die deinen Heißhunger auslösen? Überlege dir, was du langfristig tun kannst, damit diese Situationen /Gründe nicht mehr (so häufig) auftreten. Oder was kannst du alternativ machen, außer essen, um mit dieser Situation zurecht zu kommen. Ein Beispiel, regelmäßige Bewegung oder Sport helfen langfristig gesehen besser gegen Stress als Schokolade.
Was Gewohnheiten mit Heißhunger zu tun haben
Manchmal sind es kleine Gewohnheiten, die bei uns Heißhunger auslösen, weil sie einfach zu unserem Tagesablauf gehören. Meistens denken wir über diese gar nicht nach. Aber pünktlich zum üblichen Zeitpunkt klingelt es in unserem Gehirn.
- Jeden Tag um 15 Uhr gehst du mit deinem Kollegen in die Kantine und holst dir ein Stück Kuchen
- Zum Seriegucken am Abend auf der Couch darf eine Tüte Chips nicht fehlen.
- Kaffee ohne Keks? Nicht bei dir!
Kennst du das?
Was kannst du tun?
Auch hier ist es hilfreich, einfach mal aufzuschreiben, was du den ganzen Tag lang so isst. Notiere dir außerdem dazu, ob du gerade wirklich hungrig bist. Du wirst schnell herausfinden, ob du dir gewisse Essgewohnheiten angewöhnt hast. Wenn dich gewisse Rituale stören, überlege dir, was du anstelle dieser tun kannst.
Was hilft in einer akuten Heißhunger-Attacke?
Wie du siehst, kannst du langfristig gesehen einiges dafür tun, dass Heißhunger nicht mehr oder nicht mehr so oft auftritt. Aber was kannst du machen, wenn du in einer akuten Attacke steckst?
Die gute Nachricht ist, du bist dieser nicht hilflos ausgeliefert!
Frauenmagazine raten ja gerne zum Knabbern einer Karotte in solchen Situationen. Aber ist das wirklich eine Lösung?
Ganz ehrlich, nö! Die Karotte wird bei den meisten Menschen das Bedürfnis nach Schokolade nicht stillen. Ganz im Gegenteil, das Verlangen bleibt weiterhin bestehen und wird vielleicht sogar stärker.
Sinnvolle Strategien gegen Heißhunger
- Verlasse den Raum
Geh für ein paar Minuten in einen anderen Raum, so unterbrichst du die Situation, die den Heißhunger ausgelöst hat.
- Lenke dich ab
Halte ein kleines Pläuschchen mit den Kollegen, räum die Spülmaschine aus, mach einen kurzen Spaziergang, erledige eine Aufgabe, bei der du dich voll konzentrieren musst oder ein kurzes Telefonat (z.B. einen Arzttermin ausmachen). Meistens ist nach 5-15 Minuten Ablenkung der Heißhunger schon vergessen.
- Bau dir Hürden
Wenn du nur in die Schublade neben dir greifen musst, um an die Schokolade (oder das Objekt deines Verlangens) zu kommen, ist es sehr schwer zu widerstehen. Baue dir selbst Hürden. Lagere die Schokolade in einem anderen Raum, z.B. im Büro bei deiner Kollegin oder zuhause im Keller. Je höher die Hürde, desto leichter fällt es dir zu widerstehen.
- Verschiebe das Naschen auf später
Vereinbare mit dir selbst, jetzt in dem akuten Moment der Heißhunger-Attacke nichts zu naschen, sondern erst später, zu einem bestimmten Zeitpunkt (z.B. nach dem Abendessen). Dein Heißhunger wird nachlassen, denn du darfst ja naschen (nur eben nicht jetzt). Oft kommt es aber vor, dass du bis zu dem vereinbarten Zeitpunkt das Naschen vergessen oder gar keine Lust mehr darauf hast.
- Schnapp dir dein Surfbrett
Heißhunger tritt in Wellen auf, d.h. das Verlangen nach etwas Süßem (oder einem pikanten Snack) beginnt leicht, wird immer stärker, bis es den Peak (die Spitze der Welle) erreicht hat, dann flacht es ab und wird weniger, bis es komplett verschwindet. Surfe (gedanklich) auf dieser Welle und versuche den Peak zu erreichen, denn wenn der Heißhunger danach schwächer wird, ist es leichter zu widerstehen bzw. irgendwann lässt der Drang etwas zu essen komplett nach. Surfen muss geübt werden, probiere es erstmal bei leichten Heißhunger-Attacken aus.
Und wenn das alles nicht hilft?
Nachgeben. Nasche bewusst und ganz in Ruhe
Manchmal ist der Heißhunger so stark, dass alle Gegenmaßnahmen nicht helfen. Dann gib dem Verlangen nach. Aber BEWUSST und ACHTSAM!
D.h. du schlingst die Schokolade (oder was auch immer gerade das Objekt deines Verlangens ist) nicht hastig nebenbei runter, sondern du unterbrichst deine aktuelle Tätigkeit, machst eine Pause und widmest dich dem Naschen in RUHE und mit voller AUFMERKSAMKEIT.
Nur so bekommt den Gehirn auch mit, dass du nascht und die Heißhunger-Attacke wird zügiger vergehen. Du bist schneller zufrieden und wirst weniger Schokolade brauchen, um befriedigt zu sein.
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